Presse für das Reto Suhner Nonett

Reto Suhners Jazz-Nonett: Askese und Üppigkeit

Als unheimlich flexibler und mit luftigem, lindem Ton spielender Altsaxofonist hat sich Reto Suhner (40), ursprünglich aus Herisau, einen untadeligen Ruf als Jazzmusiker erspielt. Doch jetzt zeigt sich Suhner auch als Arrangeur. Für die CD "Colors" hat Suhner 13 Stücke für Nonett gesetzt. Das "Intro" bestreitet Suhner noch allein am Kontrabass; da ist viel improvisatorischer Gestus zu spüren. Später klinken sich Solisten für längere Spots aus dem Ensemble aus. und sind dabei wirklich ausgestellt. Denn Suhner verzichtet auf einen Pianisten und also auf Begleitakkorde. So wirkt das Nonett oft geradezu asketisch. Immer wieder ist nur ein einzelner Bläser-Improvisator am Werk, begleitet nur von Bass und Drums. Überhaupt hört man bei Suhner nicht die nach Schema F gestrickte Musik einer mittelgrossen Band. Er ist wenig interessiert am kompakten (und klischierten) Sound. Weit eher hält er es mit dem Kammermusikalischen. Kein Zufall auch, hat er eine Tuba und ein Waldhorn in der Band. Und spricht das "Intro" von einem freien Improvisationsgestus, so spricht das "Outro" später von der andern Seite von Suhners Musik, von der sorgfältigen Orchesterarbeit. Nur vier Akkorde entfalten sich hier, doch was für ein Reichtum an Farben! Suhners Ensemble (Adrian Pflugshaupt, Matthias Tschopp, Lukas Thöni, Mark Gebhart, Andreas Tschopp, Antonio Neilley-Menendez de Llano, Dominique Girod, Dominik Burkhalter) knüpft einen üppigen Teppich, der in seinen Farben ständig changiert. Und so verbindet Reto Suhner auf seinem Album die Gegensätze: Askese und Uppikeit.

Tages Anzeiger, Christoph Merki 4.3.2014

Farbenpracht

Dass Reto Suhner, der Herisauer in Zürich, ein famoser Saxofonist ist und dazu ein eigenständiger Kopf mit originellen musikalischen Ideen, das weiss die Jazz-Gemeinde schon lange. Was Reto Suhner jetzt allerdings auf seinem neuesten Album "Colors" abliefert, geht ziemlich weit darüber hinaus. Das Nonett, das er vor zwei Jahren im Rahmen einer "Carte Blanche" zusammenstellte, umfasst vier Blechbläser - Trompete, Posaune, Waldhorn und Tuba - und drei Holzbläser, die das ganze Arsenal Saxofone, Klarinetten und Flöten bedienen können. Dazu kommen Bass und Schlagzeug. Und Reto Suhner zeigt sich da als Komponist mit sicherem dramaturgischem Gespür, und als Arrangeur und Instrumentator, der die ganze Farbenpalette, die sein Instrumentarium bieten kann, vor uns ausbreitet. Dass er selber und diverse Kollegen dazu noch solistische Glanzlichter setzen können, nehmen wir als wunderbares Supplement dankend zur Kenntnis.

Beat Blaser, Aargauer Zeitung 4.10.2013

Hier ist der Link zum SRF2Kultur-Podcast, in welchem Beat Blaser welche die Aufnahme bespricht.

SFR2Kultur, 17.9.2013

Reto Suhner Nonett-Colors

Was 2009 mit einem Artist-in-Residence im Moods begann, wurde nun mit den Aufnahmen zur CD Colors abgeschlossen. Für die Neuvertonung einiger eigener Kompositionen hat Reto Suhner ein Nonett zusammen gestellt, das seine Stücke in schillernden neuen Farben erscheinen lässt.

"Die Beziehung zwischen Farbe und Klang hat mich schon immer fasziniert. Eine grosse Formation bietet diesbezüglich ganz besondere Möglichkeiten". Reto Suhner ist stark in der Schweizer Bigband-Szene verwurzelt, er spielt unter anderem im Swiss Jazz Orchestra und im Zurich Jazz Orchestra und pflegt auch Kontakte über die Grenzen hinweg,etwa zum Projekt Lauer Large des Deutschen Posaunisten Johannes Lauer. Der Klang einer grossen Formation fächert sich in Suhners Ohren auf in ein breites Spektrum, mit vielen Klangfarben und feinen Schattierungen, die er auf seiner neuen Platte erkundet. 

Fast alle Stücke stammen aus Suhners eigenem Fundus, nur einzelne hat er neu für diese Produktion geschrieben. "Von der Moods-Geschichte war schon eine Kernauswahl vorhanden. Dazu habe ich recht intuitiv noch ein paar weitere eigene Sachen ausgewählt. Und schliesslich habe ich das Ganze noch abgerundet und in einen Rahmen gestellt, damit es ein vollständiges Ganzes wird."

Da die Stücke nicht mehr geschrieben werden mussten, konnte sich Suhner für einmal voll und ganz auf die neuen Rollen des Arrangeurs und des Leaders konzentrieren. "Da die meisten der Musiker meine Songs schon recht gut kannten, da sie diese ja mal im Moods oder auch in kleineren Besetzungen schon gespielt hatten, lief die Sache eigentlich ganz entpsannt weiter, auch wenn ich leitend nicht stark eingriff."

Die Idee, seine Stücke für eine mittelgrosse Besetzung zu arrangieren, hatte Suhner schon lange. Es brauchte aber einige Versuche, bis das Resultat seinen Vorstellungen auch wirklich entsprach. "Früher habe ich immer unheimlich viel bereits in das Intro gepackt und dabei die Übersicht etwas verloren, sodass es dann oft gar nicht mehr zur Bridge kam. Mit dem Computer ist es für mich nun viel leichter, die Organisation eines Stückes zu überblicken und die Übersicht zu behalten." Als Schwierigkeit bleibt aber, eine ausgewogene Balance zwischen der leitenden Kontrolle und den freien Emotionen zu finden. Dafür hat Suhner sein Nonett sehr gezielt besetzt. Denn die Zwischengrösse eines Nonetts, das keine kleine Formation mehr ist, aber auch noch nicht die Grösse einer Bigband hat, ist die ideale Leinwand, auf welcher sich einzelne Persönlichkeiten ausdrücken können. "In einer Band dieser Grösse haben die Instrumente viel Platz. Dafür müssen sie aber auch ein bisschen mehr spielen." Den einzelnen Stimmen öffnet Suhner darüber hinaus zusätzlichen Raum, indem er bei dieser Besetzung auf Harmonieinstrumente verzichtet. Die Backgrounds und die harmonischen Informationen müssen so alle im Arrangement auf die verschiedenen Stimmen verteilt werden. Suhners Rechnung geht auf: Die neun Stimmen kommen in seinen Stücken wunderbar individuell zur Geltung, nicht nur beim Solieren. In der harmonischen Gestaltung des Gesamtbildes hat jeder Einzelne viel Raum, um sich auszubreiten. "Und das ist für mich das Wichtigste, denn auch in einer grösseren Formation sind es doch die Persönlichkeiten, die die Klangfarben ausmachen."

Christof Thurnherr, Jazz'n'More 09/2013